Pflege und Gesundheit

Weg mit den Fesseln!

Gurtsystem zur mechanischen Fixierung im Pflegebett (CC BY-SA 2.5 Ciell)
Gurtsystem zur mechanischen Fixierung im Pflegebett (CC BY-SA 2.5 Ciell)

Ich habe gerade das Ende von „Gefesselt im Heim“ gesehen. Den Beitrag gibt’s auch bei YouTube und lohnt sich. „Gefesselt im Heim“ hat eine ähnliche Aussage wie „Eure Sorge fesselt mich“:

Der Film selbst ist eine eindrucksvolle Dokumentation über die Gefahren körpernaher Fixierungen und die überraschend simplen Möglichkeiten, darauf zu verzichten. Er kann auf der oben genannten Website kostenlos bestellt werden. In unseren Einrichtungen wurden mehrere Dutzend Mitarbeiter bei intensiven Schulungen für das Thema sensibilisiert, und die DVD war eine hervorragende Ergänzung v.a. für diejenigen, die nicht in das Schulungsprogramm eingebunden waren. Wir hatten das Glück, dass Madeleine Viol von der EH Freiburg bei uns im Haus war. Sie ist in der Lage, die Zuhörer mitzureißen und für ihr Anliegen zu begeistern: den Verzicht auf freiheitsentziehende Maßnahmen.

Dazu gehören u.a. Hinweise darauf, dass der Personalschlüssel keinerlei Einfluss auf die Häufigkeit von Fixierungen in Pflegeeinrichtungen hat: Es gibt Einrichtungen, die erschreckende 60% der Bewohner fixieren; es gibt aber gleichzeitig Häuser wie unsere, die Fixierungen reduzieren und nahezu gen Null fahren. Daher haben mich die undifferenzierten Berichte im Zusammenhang mit der aktuellsten MDS-Studie auch so aufgeregt. Noch in meiner Ausbildung ging es eher nur darum, dass bei freiheitsenziehenden Maßnahmen eine richterliche Genehmigung notwendig ist, weil es sich sonst um eine Straftat handelt. Das ist klar, aber leider wohl immer noch nicht überall angekommen. Der professionellen Pflege sollte eigentlich längst schon bewusst sein, dass auf „Fesseln“, wie es der Bonner Professor Hirsch mit Vorliebe ausdrückt, verzichtet werden kann, darf und muss. Es gibt Alternativen.

Das ReduFix-Projekt, bei dem Viol mitgewirkt hat, oder der Werdenfelser Weg zeigen, dass die allermeisten (wenn nicht alle) körpernahen Fixierungen unnötig sind und unbedingt vermieden werden sollten. Mit Aufklärung und Hilfsmitteln können Pflegende überall dagegen einschreiten, wenn Menschen leichtfertig im vermeintlichen Glauben, Pflegebedürftige durch eine Fixierung zu „schützen“, diese Menschen einer Negativspirale aussetzen, die sogar zu erhöhtem Sturzrisiko führt, und sie sogar großen Gefahren aussetzen.

Pflege kann so viel mehr, als Rollstühle festzustellen, Bettgitter hochzuziehen und Gurte anzulegen. Lasst die Fesseln fallen!

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